Fachtagung 2017: Richtig gut essen in Kita und Schule
"Richtig gut essen in Kita und Schule" gelingt durch Berücksichtigung vieler Einflussfaktoren. Das Elternhaus, aber auch Kita und Schule prägen das Essverhalten. Um Kinder und Jugendliche selbst mit Ernährungsthemen zu erreichen, müssen ihre Grundbedürfnisse und ihre Lebenswelt betrachtet werden. Leitgedanken wie Gesundheit, Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verpflegung sind dagegen für Elternhaus, Kita und Schule oder den Caterer/Pächter wichtig. Die Teilnehmer ließen sich von den Themen inspirieren und tauschten sich mit Fachkolleginnen und -kollegen aus.
Fachtagung mit rund 90 Akteuren
Rund 90 Akteure der Kita- und Schulverpflegung aus ganz Niederbayern nahmen an der Fachtagung für die Kita- und Schulverpflegung am 29. Juni 2017 im Markmillersaal in Straubing teil. Die Verpflegung in Kitas und Schulen sei ebenso wichtig für die Entwicklung eines gesunden Essverhaltens wie das Vorleben in der Familie, meinte Werner Eberl, Behördenleiter am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Landshut. Er hob in seiner Ansprache den Stellenwert einer ausgewogenen Ernährung hervor, bei der auch regionale Lebensmittel nach saisonalen Aspekten eingesetzt werden.
Aktuelles von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Niederbayern berichtete Fachzentrumsleiterin Dorothee Trauzettel. Kitaverpflegung und Schulverpflegung arbeiten Hand in Hand als Vernetzungsstelle und auch das Coaching in beiden Bereichen wurde überarbeitet und angeglichen. Personelle Veränderungen und ein neues online-Anmeldeportal wurden vorgestellt.
Leitlinien für mehr Nachhaltigkeit und Ökonomie
Ann-Kathrin Hillenbrand präsentierte die Inhalte der neuen Bayerischen Leitlinien Kita- und Schulverpflegung, die vom Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) erarbeitet wurden. Die zentralen Leitgedanken Gesundheit, Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Ökonomie beschreiben die Philosophie und bieten mit praktischen Orientierungshilfen Anregungen zur Umsetzung in den Kita- und Schulalltag. Die Leitlinien bieten Anlass, sich mit der Verpflegungsqualität vor Ort auseinanderzusetzen und sich im Rahmen der jeweiligen Gegebenheiten Ziele zu setzen – sei es der vermehrte Einsatz regionaler Produkte oder die Verbesserung der Akzeptanz des Mittagessens. Die Bayerischen Leitlinien für die Schulverpflegung wurden im Mai 2017 veröffentlicht, die Leitlinien für die Kita-Verpflegung erscheinen im Herbst.
Essverhalten prägt Generationen
Der Hauptreferent Ingo Barlovic provozierte in seinem Vortrag "Lebenswelt und Essverhalten unserer Kids zwischen Dichtung und Wahrheit" zunächst mit einem Slogan der Presse. "Unsere heutigen Kinder und Jugendlichen sind bzgl. Ihres Essverhaltens eine Verlierergeneration, die vor ihren Eltern sterben wird: Adipös und ohne Bewegung vor Ihrem Facebook-Account vegetierend". Barlovic hat sich mit seinem Markt- und Meinungsforschungsinstitut auf Konsum- und Produktforschung bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert.
Elterngeneration als Vorbild
Er hat Studiendaten ausgewertet und zieht interessante Schlüsse daraus. Sein Fazit: Die wissenschaftliche Datenlage zeigt, dass Kinder sich heute alles in allem nicht ungesünder ernähren als ihre Elterngeneration. Nicht auszuschließen sei allerdings ein Zusammenhang zwischen Adipositas und zuckergesüßten Getränken. Allerdings warnt er davor sich zurückzulehnen, denn natürlich muss daran gearbeitet werden, den Status Quo zumindest zu halten, wenn nicht sogar zu verbessern. Auch wenn sich die große Mehrheit der Kinder bewegt, nicht übergewichtig ist und sich in keinem Fall ungesünder ernährt als die Elterngeneration, gibt es aber auch die anderen Kinder. Diese stammen häufig aus sozial schwachen Verhältnissen, mit Eltern, die häufig die falsche Lebensweise vorleben. Und: es werden zunehmend mehr!
Junge Menschen für gesunde Ernährung sensibilisieren
Und schließlich, so Barlovic, muss weiter gedacht werden: Bei Ernährung geht es nicht nur um direkte Konsequenzen für die Kinder und Jugendlichen, sondern auch um den Bezug zur Nachhaltigkeit: Aspekte wie Regionalität, Ökologie, Wertschätzung oder auch soziales Verhalten spielen eine immer größere Rolle. Die Kinder und Jugendlichen müssen jetzt dafür sensibilisiert werden, müssen es jetzt (er-)leben, damit es auch Bestandteil ihres Denkens und Handelns als Erwachsene sein wird.
Grundbedürfnisse und Idole
"Wer Kinder und Jugendliche mit Ernährungsthemen erreichen will, der muss die jeweilige Gruppe genau anschauen: ihre Grundbedürfnisse, ihren Lebensstil, ihre Peer-Group, ihre Medienhelden oder Idole. Man muss sie dort abholen, wo sie sind." Ebenso seien die Eltern mit aktiv einzubeziehen und zwar nicht durch stundenlange Diskussionen über Bio oder vegane Ernährung, sondern zum Beispiel durch Kochkurse oder Besuch eines regionalen Anbieters mit Eltern.
Preiswert und süß
Ökotrophologin Silke Zotter ging im Forum "Süßungsmittel" auf die angeborene Vorliebe für die Geschmacksrichtung süß ein, die oft mit Freude und Genuss verbunden wird. Unser täglicher Zuckerverzehr liegt bei über 100 Gramm am Tag, dies entspricht mehr als 33 Würfelzucker und liefert uns über 400 Kcal. Die DGE empfiehlt uns 50 Gramm am Tag, die WHO sogar nur die Hälfte. Unseren Lebensmitteln wird immer mehr Zucker zugesetzt. Und nicht nur wegen seines süßen Geschmacks, sondern auch, weil er preiswert ist und einige technologische Vorteile hat. So intensiviert erden Geschmack, erhöht bei Gebäck das Volumen, verhindert bei Tiefkühlkost die Eiskristallbildung und lässt sich durch seine ausgezeichnete Löslichkeit gut verarbeiten.
Zucker und Süßungsmittel
Ein Süßungsmittel ist laut Lebensmittelgesetz alles was süß ist. Dazu zählen sowohl die kalorienhaltigen Einfach- und Zweifachzucker, süßende Lebensmittel, Zuckersirupe und die Zuckeraustauschstoffe als auch die kalorienfreien Süßstoffe. Sie alle verstecken sich unter verschiedenen Namen in den Zutatenlisten unserer Fertigprodukte und Getränke. Für Verbraucher ist es beinahe unmöglich abzuschätzen, wie viel Zucker sich tatsächlich im Lebensmittel verbirgt. Im Forum wurden die verschiedenen Süßungsmittel und ihre Verwendung unter die Lupe genommen und die Auswirkungen auf unseren Stoffwechsel betrachtet.
Mittagszeit in der Ganztagesbetreuung
Im Forum "Mittagszeit im Ganztag" stellte Ganztagskoordinator Josef Steffl vom Bereich Schulen an der Regierung von Niederbayern einige grundlegende Aspekte vor. Anschließend wurden in Kleingruppen Erfahrungen und Praxistipps ausgetauscht und im Plenum vorgestellt. Fragen zur Mittagsverpflegung beantwortete Jutta Semmler von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung.